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Zusammenarbeit mit externen Partnern/Wirtschaftsvertretern

Taiga Brahm

Neben dem Handeln von Lehrpersonen und der Interaktion von Lehrenden und Lernenden ist auch die Auswahl des Lernmaterials und in diesem Zusammenhang die Zusammenarbeit mit externen Akteuren von entscheidender Bedeutung für den Wirtschaftsunterricht. In diesem Abschnitt wird zunächst auf die Zusammenarbeit mit (regionalen) Wirtschaftsakteuren, die Interessen von Unternehmen und Schulen und abschließend auf die Rolle der Lehrperson und einen kritischen Umgang mit entsprechenden Kooperationen eingegangen.   

Zusammenarbeit mit (regionalen) Wirtschaftsakteuren

Schulen vernetzen sich immer stärker mit (regionalen) Unternehmen und öffnen somit ihre Türen verstärkt auch für private Unternehmen (Gericke, 2012). Diese Vernetzungen werden auch als „Bildungs- und Lernpartnerschaften“ bezeichnet und werden für einen „lebensnahen, arbeitsweltorientierten und effizienteren Unterricht“ (Gericke, 2012, S. 42) als bedeutsam angesehen. Ein Vorteil ergibt sich insbesondere für die berufliche Orientierung , die z.B. in Baden-Württemberg als Leitperspektive im Bildungsplan hinterlegt ist sowie einen wichtigen Teil des Faches Wirtschaft, Berufs- und Studienorientierung ausmacht. Im Bildungsplan wird der „Kontakt mit regionalen Wirtschaftsakteuren“ explizit erwähnt und ist damit Teil der curricularen Vorgaben (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg, 2016, S. 8). 

Es gibt verschiedene Akteure, welche die entsprechenden Kooperationen fördern, zum Beispiel das Netzwerk SCHULEWIRTSCHAFT. Neben Unternehmenspraktika oder Schüler:innenfirmen (Entrepreneurship Education) werden hier beispielsweise auch Lerngruppenpatenschaften oder Projekte unterstützt, in denen Schülerinnen und Schüler direkt mit Unternehmensvertreterinnen und -vertretern zusammenarbeiten. Denkbar wäre beispielsweise, dass sich Lernende mit Fragestellungen auseinandersetzen, die vom Unternehmen vorgegeben werden. Für die Lehrpersonen gibt es Angebote wie das Wirtschaftspraxisprogramm der Würth Stiftung oder die Lehrkräfte-Hospitanz der Dieter von Holtzbrinck Stiftung, bei denen die (Wirtschafts-)Lehrpersonen einen oder mehrere Praxistage in einem Partnerunternehmen verbringen. Auf diese Weise können sie ihr betriebswirtschaftliches Wissen vertiefen und sammeln praktische Erfahrungen, wovon die Lernenden im Unterricht profitieren.

Interessen von Unternehmen und Schulen

Damit eine Kooperation sinnvoll gelingen kann, sollten die unterschiedlichen Interessen, die Unternehmen und Schulen verfolgen, beachtet und ausgehandelt werden (siehe auch unten, kritischer Umgang):

Unternehmen verfolgen mit ihrem Engagement in Schulen unterschiedliche Interessen. Die häufigste Kooperationsform gemäß einer Umfrage des Beratungsunternehmens IFOK sind das Praktikum oder die Betriebsbesichtigung (Strahonja et al., 2010). Des Weiteren bieten die Hälfte der befragten Unternehmen Aktivitäten zur Berufsberatung an und sind auf Messen vertreten. Sponsoring von Materialien sowie Schulungen von Lehrpersonen spielen ebenso eine wichtige Rolle. Unternehmen lassen sich diese Bildungsprojekte einiges kosten, geben jedoch an, dass sich diese im Vergleich zum Nutzen auszahlen (Strahonja et al., 2010). Als Nutzen sehen Unternehmen die Sicherung der Ausbildungsreife sowie die Verbesserung der Berufsorientierung, um die Anzahl der Ausbildungsabbrecherinnen und -abbrecher zu minimieren (Strahonja et al., 2010). Des Weiteren stellen Unternehmen Lehr- und Lernmaterialien, Wettbewerbe und Spiele bereit, schicken Expertinnen und Experten an die Schulen und betreiben möglicherweise auch Werbung wie auch Sponsoring (Kaske & Duffy, 2018). Daher ist eine kritische Reflexion dieser Interessen seitens der Schulen und Lehrpersonen notwendig (siehe unten).

Schulen haben ebenso verschiedene Interessen und können auf unterschiedliche Weise von der Zusammenbereit mit Unternehmen profitieren. Betriebspraktika ermöglichen Schülerinnen und Schülern einen authentischen Einblick in die Arbeitswelt und können die berufliche Orientierung unterstützen (Gericke, 2012). Durch die Kooperation werden Einblicke in unbekannte Berufe, ein realistischer Einblick in den Ausbildungs- und Unternehmensalltag und ein Austausch im Hinblick auf Wünsche und Bedürfnisse von Betrieben und zukünftigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ermöglicht (Gericke, 2012). Zudem können Schulen durch die Zusammenarbeit mit Unternehmen ihr Bildungsangebot erweitern, indem sie praxisnahe Lerninhalte integrieren und die berufliche Relevanz des Unterrichts stärken.

Neben Unternehmen spielen auch Verbände oder Vereine, Stiftungen, Gewerkschaften und spezielle Agenturen für Bildungskommunikation zunehmend eine Rolle für Schulen. Neben direkten Kooperationen wie beispielsweise Vorträgen von Expertinnen oder Experten wird oft Unterrichtsmaterial zur Verfügung gestellt (z.B. https://schule.dgb.de/materialien). Lehr- und Lernmaterialien, die von unterschiedlichen Institutionen bereitgestellt werden, können Schulbücher ergänzen und erweitern (Kaske & Duffy, 2018). Mögliche Vorteile sind die Expertise der erstellenden Akteure sowie die Aktualität der Lernmaterialien. Dabei ist allerdings zu beachten, dass externes Unterrichtsmaterial im Regelfall nicht der gleichen Qualitätskontrolle wie Schulbücher unterliegt (Schulbücher im Wi-Unterricht). Neben fehlender fachlicher Qualität können frei verfügbare Unterrichtsmaterialien die Gefahr mit sich bringen, dass mit diesen bestimmte Vorstellungen von Wirtschaft oder unternehmerische Produktwerbung in das Klassenzimmer gelangen (Hedtke et al., 2010).

Kritisch-konstruktive Haltung gegenüber Kooperationen und Unterrichtsmaterial

Die Kooperationen zwischen den Schulen und Unternehmen wie auch die verschiedenen Instrumente der Unternehmen, mit denen sie in der Schule vertreten sind, sind inzwischen recht unübersichtlich (Kaske & Duffy, 2018). Da der Einfluss der Unternehmen innerhalb der deutschen Schulen steigt, wird die Gefahr von Lobbyismus und Einflussnahme kritisch diskutiert (siehe z.B. Engartner, 2019). Damit Kooperationen zwischen Schulen und Unternehmen funktionieren können, ist es entsprechend wichtig, die unterschiedlichen Interessen zu beachten und den kritisch-konstruktiven Umgang von Lehrpersonen mit Inhalten und Angeboten zu fördern (Kaske & Duffy, 2018). 

Bevor Lehr- und Lernmaterialien und Vorträge von externen Expertinnen und Experten in Schulen zum Einsatz kommen, sollten diese also immer kritisch hinterfragt werden, um Schülerinnen und Schülern vor einseitig dargestellten Meinungen und Ansichten zu schützen (Kaske & Duffy, 2018). Bei einzelnen Vorträgen sind eine kritische Vor- und Nachbereitung und eine Einordnung durch die Lehrperson sinnvoll. Auch können verschiedene Expertinnen und Experten eingeladen werden, die gegensätzliche Meinungen vertreten (Kaske & Duffy, 2018). Schulkooperationen sowie Wettbewerbe und Spiele können mit Werbung verbunden sein (Kemming, 2006). Auch hier gilt es, diese Wirkung vor dem Einsatz in den Schulen zu diskutieren und die Schülerinnen und Schüler zu sensibilisieren. Unterrichtsmaterial, das keine formale Prüfung durchlaufen hat, sollte grundsätzlich kritisch betrachtet werden. Dabei helfen kann beispielsweise der Materialkompass der Verbraucherzentrale des Bundesverbands, bei dem Materialien von Expertinnen und Experten geprüft werden (Kaske & Duffy, 2018). 

Insgesamt gilt es, kritisch-konstruktiv mit den unterschiedlichen Angeboten umzugehen. Das Potenzial, das für die Schulen und die Lernenden durchaus besteht, sollte ausgeschöpft werden, gleichzeitig aber auch gegen potentielle Gefahren abgewogen werden (Kaske & Duffy, 2018).

Literatur

Engartner, T. (2019). Wie DAX-Unternehmen Schule machen. Lehr-und Lernmaterial als Türöffner für Lobbyismus. OBS-Arbeitsheft 100. Otto-Brenner-Stuftung https://www.otto-brenner-stiftung.de/fileadmin/user_data/stiftung/02_Wissenschaftsportal/03_Publikationen/AH100_Lobbyismus_Schule.pdf

Gericke, C. (2012). Schule und Wirtschaft: Das neue Traumpaar? Zur Kooperation von öffentlichen Schulen und privaten Unternehmen. Pädagogische Korrespondenz, 46, 42-55.

Hedtke, R., Famulla, G.-E., Fischer, A., Weber, B., & Zurstrassen, B. (2010). Für eine bessere ökonomische Bildung! ZBW - Deutsche Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften, Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft. https://www.econstor.eu/bitstream/10419/43429/1/Bessere_oekonomische_Bildung.pdf 

Kaske, F., & Duffy, F. (2018). Lobbyismus an Schulen. Einflussnahme auf den Unterricht und was man dagegen unternehmen kann. LobbyControl - Initiative für Transparenz und Demokratie e.V. https://www.lobbycontrol.de/wp-content/uploads/Lobbyismus_an_Schulen.pdf 

Kemming, J. (2006). Formen des Schulsponsorings: Chancen, Probleme und Grenzen bisheriger Ansätze. In A. Bagusat, & A. Hermanns (Hrsg.), Management-Handbuch Bildungssponsoring: Grundlagen, Ansätze und Fallbeispiele für Sponsoren und Gesponserte (S. 75-92). Schmidt.

Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg. (2016). Bildungsplan 2016. Wirtschaft/Berufs- und Studienorientierung (WBS). http://www.bildungsplaene-bw.de/site/bildungsplan/get/documents/lsbw/export-pdf/depot-pdf/ALLG/BP2016BW_ALLG_GYM_WBS.pdf

Strahonja, K., Trappe, T., & Wüst, J. (2010). „And the winner is …“ – wie Unternehmen und Schulen von innovativen Kooperationen profitieren. In F. Theis, & S. Klein (Hrsg.), CSR-Bildung: Corporate Social Responsibility als Bildungsaufgabe in Schule, Universität und Weiterbildung (S. 42-56). VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92165-5_4 

zuletzt aktualisiert: 01.11.2024

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Zitationshinweis

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Brahm, T. (2024). Zusammenarbeit mit externen Partnern. In T. Brahm, M. Ring, & K. Schild (Hrsg.), Wirtschaft unterrichten. Offenes Lehrbuch für Wirtschaftsdidaktik. Online verfügbar unter: https://wirtschaft-unterrichten.de/mikrodidaktik/die-lehrperson-und-ihre-umwelt/zusammenarbeit-mit-externen-partnern (zuletzt abgerufen am [Datum]).