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Digitalisierung in der Wirtschafts-, Arbeits- und Berufswelt

Malte Ring und Luisa Scherzinger

Digitalisierung wirkt als Transformationsprozess in allen Lebens- und Bildungsbereichen. Aus (fach)didaktischer Sicht ergeben sich daraus zwei zentrale Fragen: 

  1. Welche neuen Kompetenzen sollen im Rahmen schulischer Bildung von Lernenden entwickelt werden? 
  2. Welche fachspezifischen Bezüge ergeben sich und wie können Lerngelegenheiten dafür gestaltet sein?

Kompetenzen für die digitale Welt (im Rahmen ökonomischer Bildung)

Im Hinblick auf die Kompetenzen, die im Rahmen schulischer Bildung entwickelt werden sollen, existieren fachübergreifend bereits verschiedene Kompetenzraster und Strategien, deren Ziel es ist, die digitalisierungsbezogenen Anforderungen zu bündeln und zu definieren. Auf nationaler Ebene ist die von der Kultusministerkonferenz entwickelte Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ (KMK, 2016) zentral, auf europäischer Ebene spielt das Framework „DigComp 2.2, The Digital Competence Framework for Citizens“ eine wichtige Rolle (Vuorikari et al., 2022).  Allgemein werden die Kompetenzen im europäischen Framework als Teil der Kompetenzen für lebenslanges Lernen formuliert und schließen bewusst nicht nur Fähigkeiten, sondern auch Einstellungen mit ein:

"…the confident, critical and responsible use of, and engagement with, digital technologies for learning, at work, and for participation in society. It is defined as a combination of knowledge, skills and attitudes.”

Die in den unterschiedlichen Frameworks aufgeführten Kompetenzen weisen bereits zahlreiche Überschneidungspunkte zu den Anforderungen der ökonomischen Bildung auf, die sich fachspezifisch noch weiter konkretisieren lassen. Beispielsweise ist der sichere Umgang mit Daten im DigComp-Framework ein Kompetenzbereich (Vuorikari et al., 2022), der im Wirtschaftsunterricht vor dem Hintergrund der Verbraucher:innenbildung zusätzlich durch ökonomische Perspektiven erweitert werden kann, beispielsweise, wenn Daten als Währung und Zahlungsmittel betrachtet werden. 

Fachspezifische Themen und Lerngelegenheiten

Um die fachlichen Bezugspunkte zu verdeutlichen, kann das Drei-Dimensionen-Modell herangezogen werden, dass die Anforderungen der ökonomischen Bildungen entlang der Rollen Verbraucherin bzw. Verbraucher, Erwerbstätige bzw. Erwerbstätiger und Wirtschaftsbürgerin bzw. Wirtschaftsbürger strukturiert. 

Ebene der Verbraucherinnen und Verbraucher

Auf Ebene der Verbraucherinnen und Verbraucher ergeben sich unterschiedliche Anschlusspunkte. Es erweitern sich nicht nur die Konsummöglichkeiten in der digitalen Welt, vielmehr findet auch eine Transformation statt. Konkreter: Es gibt nicht nur mehr Produktauswahl und Informationen als je zuvor, sondern auch digitale Währungen und Mikrotransaktionen sowie Märkte mit (vermeintlich) neuen Spielregeln, wie beispielsweise Plattformen und Tauschökonomien. Auch neue Formen von Werbung bzw. Mischformen von Werbung und Unterhaltung, die über soziale Netzwerke in der Lebenswelt von Lernenden eine zentrale Rolle spielen, sind thematische Bezugspunkte. Dazu gehört beispielsweise der Bereich des Influencer:innen-Marketings, der sich zum Beispiel in der finanzielle Bildung oft an der Schnittstelle zwischen Bildung, Unterhaltung und Verkauf bewegt (Bonfig, 2023). 

Ebene der Erwerbstätigen

Auf Ebene der Erwerbstätigkeit spielt die Digitalisierung insbesondere vor dem Hintergrund der Berufs- und Studienorientierung eine zentrale Rolle. Hierbei kann inhaltlich beispielsweise der Wandel von herkömmlichen Berufen (z.B. Entwicklung der Dienstleistungsberufe als Mensch-KI-Schnittstelle) sowie die Entwicklung neuer Berufe (z.B. Datenanalyse, Social-Media…) in den Blick genommen werden. Die Digitalisierung führt in vielen (Ausbildungs)Berufen dazu, dass Routineaufgaben abnehmen und die Tätigkeiten komplexer werden. Berufe und Berufsgruppen entwickeln sich dabei nicht gleichmäßig, sondern unterschiedlich, je nach Branche und Betriebsgröße (Seeber et al., 2024), sodass eine differenzierte Betrachtung des Wandels unterschiedlicher Berufe notwendig ist. Bei der Suche nach Möglichkeiten und Informationen zu verschiedenen Berufen und Studien gibt es Anschlusspunkte für die zu erlernenden digitalen Kompetenzen. Hier können die in den allgemeinen Kompetenzrastern vorgegebenen Fähigkeiten, wie beispielsweise die digitale Informationsrecherche, fachlich umgesetzt werden, wenn Lernende Strategien entwickeln, um nach den für sie wichtigen Informationen zu Studiengängen und Berufen zu filtern. 

Ebene der Wirtschaftsbürgerin und des Wirtschaftsbürgers

Auf systemischer Ebene sollte analysiert werden, welche Rolle die Digitalisierung für wirtschaftliche Prozesse spielt und welche Anforderungen für Wirtschaftsbürgerinnen und -bürger daraus hervorgehen. Thematische Bezüge ergeben sich unter anderem durch die Betrachtung von Plattformen und deren Ökonomie, durch digitale Güter und ein neu entwickeltes Verständnis von Knappheit, aber auch durch die zunehmende Globalisierung, die mit der Digitalisierung einhergeht. Dabei sollte auch eine kritische Betrachtung der digitalen Transformation der Wirtschaftswelt nicht zu kurz kommen. Während Unternehmen Effizienzgewinne durch den Einsatz digitaler Technologien erzielen, drohen viele Beschäftigte den Anschluss zu verlieren, wenn sie nicht in der Lage sind, sich den neuen Anforderungen anzupassen. Es stellt sich daher die dringende Frage, wie der Übergang zu einer digitalisierten Arbeitswelt sozial gerecht gestaltet werden kann. Dies erfordert nicht nur gezielte Weiterbildungsmaßnahmen, sondern auch eine umfassende Debatte über den Wert menschlicher Arbeit in einer zunehmend automatisierten Wirtschaft.

zum Weiterlesen

Einsatz digitaler Medien im Wirtschaftsunterricht: Digitalisierung kann nicht nur als Thema, sondern auch über den Einsatz digitaler Medien auch in der methodischen Ausgestaltung von Wirtschaftsunterricht eine Rolle spielen. 

Literatur

Bonfig, A. (2023). Influencer-Marketing als Potenzial für eine sozioökonomische Bildung - auch in inklusiven Lehr-Lern-Settings. GW Unterricht, 169, 34-45. doi.org/10.1553/gw-unterricht169s34 

Europäische Kommission, Generaldirektion Bildung, Jugend, Sport und Kultur (2019). Key competences for lifelong learning. Publications Office of the European Union. data.europa.eu/doi/10.2766/569540 

KMK (2016). Strategie der Kultusministerkonferenz „Bildung in der digitalen Welt“. www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/PresseUndAktuelles/2016/Entwurf_KMK-Strategie_Bildung_in_der_digitalen_Welt.pdf

Seeber, S., Ziegler, B., & Weyland, U. (2024). Digitalisierung in der beruflichen Ausbildung: Implikationen für Lehr - Lern - und Diagnostikprozesse. Editorial. Zeitschrift für Pädagogik, 2, 129-141. doi.org/10.3262/ZP2402129 

Vuorikari, R., Kluzer, S., & Punie, Y. (2022). DigComp 2.2: The Digital Competence Framework for Citizens - With new examples of knowledge, skills and attitudes. doi.org/10.2760/115376 

zuletzt aktualisiert: 01.11.2024

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Zitationshinweis

Die Inhalte dieser Homepage sind CC-BY lizenziert (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/). Bei Verwendung der Inhalte empfehlen wir folgende Zitation:

Ring, M., & Scherzinger, L. (2024). Digitalisierung. In T. Brahm, M. Ring, & K. Schild (Hrsg.), Wirtschaft unterrichten. Offenes Lehrbuch für Wirtschaftsdidaktik. Online verfügbar unter: https://wirtschaft-unterrichten.de/themenfelder-oekonomische-bildung/digitalisierung (zuletzt abgerufen am [Datum]).