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Klimaschutz und Nachhaltigkeit in der ökonomischen Bildung

Katharina Schild und Taiga Brahm

Erste Auseinandersetzungen mit der Thematik nachhaltiger Entwicklung in der ökonomischen Bildung begannen in den 1990er-Jahren (Fischer, 2009; Löw-Beer, 2023). Zu Beginn standen klimaschädliche Auswirkungen ökonomischer Basiskonzepte und geeignete Lösungskonzepte im Zentrum.  Das Thema nachhaltige Entwicklung wurde durch die Vereinigten Nationen im Jahr 1987 im Rahmen des Brundtland-Reports etabliert und erlangte im Zuge einer Leitbildformulierung durch 170 UNESCO-Staaten 1992 größere Bekanntheit (Löw-Beer, 2016; Seeber & Birke, 2011). 

Um den fachspezifischen Teil der Umweltfrage herauszuarbeiten, hat sich die ökonomische Bildung primär an der Fachwissenschaft orientiert (Prinzipien der Inhaltsauswahl). Übergreifend wurden thematische Kategorien entwickelt, die sich vor allem auf die Frage von systematischen Anreizwirkungen beziehen. Um ökologische Probleme zu erklären und Lösungsansätze zu bieten, werden daher unter anderem Fälle von Marktversagen betrachtet, wie beispielsweise Externe Effekte oder der Umgang mit öffentlichen Gütern (Löw-Beer, 2023). Aus dem Bereich der Umweltökonomie entwickelte sich der Ansatz der Ökologischen Ökonomie, basierend auf handlungsleitenden umweltökonomischen Kategorien (Seeber, 2001). Aktuelle Forschungsbeiträge innerhalb der ökonomischen Bildung sind oft dem Bereich der Forschung zu „Conceptual Change“ zuzuordnen (Löw-Beer, 2023), d.h. es wird untersucht welche Alltagsvorstellungen Lernende haben und wie die Entwicklung wissenschaftlicher Vorstellungen unterstützt werden können. Aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive sind verschiedene Konzepte hinsichtlich Umweltmanagement und Umweltschutz relevant. In diesem Zusammenhang stehen auch Konzepte zu ökologischer und gesellschaftlicher Verantwortung („Corporate Responsibility“) wie auch zum Nachhaltigkeitsmanagement von Unternehmen (Fischer, 2009). 

Grundlagen

Im Kontext von Bildung für Klimaschutz und Nachhaltigkeit wird häufig auch von „Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)“ oder „Education for Sustainable Development (ESD)“ gesprochen. Der Ansatz Nachhaltigkeit in der ökonomischen Bildung verbindet die drei Dimensionen Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft miteinander, z.B. durch die Betrachtung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Auswirkungen, die durch Produktion oder Konsum verursacht werden (Henicz & Winther, 2021; Löw-Beer, 2016). 

Seeber & Birke (2011) definieren das Ziel der ökonomischen Bildung im Kontext von nachhaltiger Entwicklung als „Fähigkeit und Bereitschaft, in Verantwortung für künftige Generationen zur Erhaltung der Natur beizutragen“ (S. 177). Entsprechend besteht die Aufgabe der ökonomischen Bildung darin, Lernende in der Auseinandersetzung mit den gegenwärtigen Voraussetzungen auf die Zukunft vorzubereiten (Fischer, 2009). Dieser Zielhorizont steht im Einklang mit den Zielen von Bildung für nachhaltige Entwicklung sowie den 17 Sustainable Development Goals, die durch die Vereinten Nationen definiert wurden (UNESCO, 2005; United Nations, 2015).

Es bleibt jedoch festzuhalten, dass die Thematik Nachhaltigkeit in der ökonomischen Bildung bisher eine untergeordnete Rolle einnimmt und sich auch nicht immer von anderen Themenfeldern abgrenzen lässt (Fischer, 2009). Übergreifend lassen sich drei unterschiedliche Zugänge zur Thematik definieren (Löw-Beer, 2016): der wirtschaftskategoriale Ansatz (Orientierung an der Fachwissenschaft, vgl. Seeber, 2001, 2006), der paradigmatische Ansatz (Fokus auf ökonomisches Denken, vgl. Kaminski, 2009; Krol, 2000) sowie der wirtschaftsethische Ansatz (Diskussion über Werte und Vision nachhaltigen Konsums, vgl. Retzmann, 2000). 

Status quo in der (schulischen) Bildung

Auf der Makroebene des Bildungssystems setzt sich die Forschung zu Nachhaltigkeit in der ökonomischen Bildung mit dem gesellschaftlichen Diskurs über nachhaltige Entwicklung auseinander (Fischer, 2009). Dabei spielt auch die Integration von Nachhaltigkeitsfragen in das Bildungssystem eine Rolle. Auf der Mesoebene geht es darum, Nachhaltigkeit in die Lehr-Lernkultur von Bildungsinstitutionen zu tragen (Fischer, 2009). Die Mikroebene schließlich umfasst die Frage, wie Lehrangebote gestaltet werden können, die eine Auseinandersetzung mit nachhaltiger Entwicklung ermöglichen. 

Nachhaltigkeit wird in der ökonomischen Bildung bisher vor allem als Querschnittsthema behandelt. In Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein wurde die Thematik zusätzlich in den Bildungsplänen als eigener Bereich aufgenommen, während das Thema in den bayerischen und niedersächsischen Curricula bisher kaum Erwähnung findet (Henicz & Winther, 2021). In Baden-Württemberg ist Bildung für nachhaltige Entwicklung als eine von sechs Leitperspektiven verankert, die in allen Schulfächern berücksichtigt werden sollen (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg, 2016). Darüber hinaus ist Nachhaltigkeit in verschiedenen prozessbezogenen und inhaltsbezogenen Kompetenzen hinterlegt (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg, 2016). 

Insgesamt finden die Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit Eingang in bestehende Inhalte der ökonomischen Bildung. Darüber hinaus ist es möglich, Methoden und Ansätze aus dem Nachhaltigkeitsdiskurs in die ökonomische Bildung zu integrieren (Fischer, 2009). So wurden beispielsweise durch das Institut für Ökonomische Bildung in Oldenburg Materialien erstellt (IOEB) die explizit die Themen Klimawandel und Klimaschutz, zum Beispiel in der Stahlindustrie behandeln (Malz & Faulborn, 2016). Auch beim Thema Handel lassen sich BNE und fairer Handel integrieren (Bodach & Rickes, 2012; Haubner, 2012).

Trotz der verschiedenen Integrationsbemühungen zeigen verschiedene Studien auf, dass bei Schülerinnen und Schülern hinsichtlich der Thematik Nachhaltigkeit in der ökonomischen Bildung häufig Fehlvorstellungen vorliegen (Friebel et al., 2016; Ignell et al., 2013). Zudem würden Fachbücher die Inhalte noch nicht ausreichend aufgreifen (Green, 2012). So seien weitere fachdidaktische Studien nötig, um die Möglichkeiten zur Förderung von Gestaltungskompetenzen weiter zu untersuchen (Fischer, 2009).

Literatur

Bodach, C., & Rickes, M. (2012). Aus der Praxis: Das Jobstarter-Projekt „ZUKKER“ am Karl-Schiller-Berufskolleg Dortmund - Einblicke in die Konzeption und praktische Umsetzung eines institutionsübergreifenden Projekts. Berufsbildungswissenschaftliche Schriften, 8, 25-40.

Fischer, A. (2009). Nachhaltigkeit und fachdidaktische Herausforderungen. JSSE - Journal of Social Science Education, 8(3), 2-15. doi.org/10.4119/JSSE-409

Friebel, S., Kirchner, V., & Loerwald, D. (2016). Schülervorstellungen zum Handel mit Strom. Zeitschrift für ökonomische Bildung, 5, 169-189.

Green, T. L. (2012). Introductory economics textbooks: What do they teach about sustainability? International Journal of Pluralism and Economics Education, 3(2), 189-223. doi.org/10.1504/IJPEE.2012.049198

Haubner, R. (2012). Aus der Praxis: Das Projekt „Future Generation - BNE in der Berufsausbildung Handel“. Nachhaltiger Konsum als Thema in der Berufsbildung für den Handel?! Berufsbildungswissenschaftliche Schriften, 8, 41-52.

Henicz, F., & Winther, E. (2021). Lerninhalt Nachhaltigkeit: Wie ein Grundkonzept der Ökonomie in den Curricula der ökonomischen Allgemeinbildung verankert ist. AG BFN Forum 27.04.21. www.agbfn.de/dokumente/pdf/AGBFN_Nachhaltigkeit_Praes_3.b.3_Henicz_Winther_Lerninhalt.pdf

Ignell, C., Davies, P., & Lundholm, C. (2013). Swedish Upper Secondary School Students’ Conceptions of Negative Environmental Impact and Pricing. Sustainability, 5(3), 982-996. doi.org/10.3390/su5030982

Kaminski, H. (2009). Anmerkungen zum „Oldenburger Ansatz ökonomischer Bildung“. GWP - Gesellschaft. Wirtschaft. Politik, 4, 531-544.

Krol, G.-J. (2000). Umweltprobleme aus ökonomischer Sicht - Zur Relevanz der Umweltökonomie für die Umwelterziehung. In H. May (Hrsg.), Handbuch der ökonomischen Bildung (4. Aufl., S. 525-546). Oldenbourg.

Löw-Beer, D. (2016). Ökonomische Bildung für eine nachhaltige Entwicklung. Eine phänomenographische Untersuchung in der Lehrerinnenbildung (1. Aufl.). Verlag Barbara Budrich. doi.org/10.3224/84742029

Löw-Beer, D. (2023). Ökonomische Bildung für nachhaltige Entwicklung - Erkenntnisse und Forschungsperspektiven. In F. Birke, T. Kaiser, L. Oberrauch, & B. Remmele (Hrsg.), Ökonomische Bildung als Allgemeinbildung (S. 97-108). Springer Fachmedien Wiesbaden. doi.org/10.1007/978-3-658-38560-6_8

Malz, S., & Faulborn, B. (2016). Klimaschutz und Emissionshandel als Thema im Unterricht. Unterrichtsmaterialien. Institut für Ökonomische Bildung (IÖB), Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. www.ioeb.de/de/material/klimaschutz-und-emissionshandel-als-thema-im-unterricht-unterrichtsmaterialien-und-lehrerbegleitung-2-hefte.html

Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg. (2016). Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). www.bildungsplaene-bw.de/,Lde/LS/BP2016BW/ALLG/LP/BNE

Retzmann, T. (2000). Ziele und Wege der wirtschaftsethischen Bildung. Ethik-Magazin, 2(3), 42-45.

Seeber, G. (2001). Ökologische Ökonomie: Eine kategorialanalytische Einführung (1. Auflage). Deutscher Universitäts-Verlag.

Seeber, G. (2006). Wirtschaftskategorien erschließen die ökonomische Perspektive: Grundlagen und unterrichtspraktische Relevanz. In G. Weißeno (Hrsg.), Politik und Wirtschaft unterrichten (S. 174-186). VS Verlag für Sozialwissenschaften. doi.org/10.1007/978-3-531-90312-5_11

Seeber, G., & Birke, F. (2011). Using a Fox to Guard the Geese? A German Debate on the Purposes of Economic Education in Relation to Sustainability and the Role of Values. Citizenship, Social and Economics Education, 10(2-3), 170-181. doi.org/10.2304/csee.2011.10.2.170

UNESCO. (2005). Report by the Director-General on the United Nations Decade of Education for Sustainable Development: International Implementation Scheme and UNESCO’s contribution to the implementation of the Decade. unesdoc.unesco.org/ark:/48223/pf0000140372

United Nations. (2015). Resolution adopted by the General Assemly on 25 September 2015. www.un.org/en/development/desa/population/migration/generalassembly/docs/globalcompact/A_RES_70_1_E.pdf

zuletzt aktualisiert: 01.11.2024

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Zitationshinweis

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Schild, K., & Brahm, T. (2024). Klimaschutz und Nachhaltigkeit. In T. Brahm, M. Ring, & K. Schild (Hrsg.), Wirtschaft unterrichten. Offenes Lehrbuch für Wirtschaftsdidaktik. Online verfügbar unter: https://wirtschaft-unterrichten.de/themenfelder-oekonomische-bildung/klimaschutz-und-nachhaltigkeit (zuletzt abgerufen am [Datum]).