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Schulbücher im Wirtschaftsunterricht

Taiga Brahm

„Ein gutes Schulbuch ist gleichzeitig eine Landkarte für das Begehen des Lerngeländes“ (Wiater, 2003, S. 1). Dieses Zitat zeigt die vielfältigen Zwecke und Anforderungen, die ein gutes Schulbuch erfüllen soll. Schulbücher sind Lehrmittel für den Unterricht, die „als Informationsquelle, zur Veranschaulichung oder zur Festlegung des gültigen Wissenskanons“ (Heitzmann & Niggli, 2010, S. 7) dienen und hierbei zahlreiche Funktionen erfüllen. Schulbücher sind, einmal beschafft, ständig verfügbar und können somit jederzeit und ohne technische Probleme eingesetzt werden. Sie können folglich zu einem reibungslosen Unterrichtsablauf beitragen, falls gewährleistet ist, dass den Lernenden für den Unterricht Schulbücher bereitstehen bzw. die Lernenden ihre Bücher selbst mitbringen.

Über die Jahre entwickelte sich das Schulbuch „vom Lehrbuch zum Lernbuch“ (Tramm & Goldbach, 2005, S. 203). Während sie in den 1950er- bis 1970er-Jahren noch die Funktion hatten, Lehrpläne zu ersetzen und eine Orientierung für den Unterricht zu bieten, gerieten sie wenig später in eine Legitimationskrise und wurden häufig durch andere Unterrichtskonzepte abgelöst und verdrängt (Tramm & Goldbach, 2005). Seit den 1990er-Jahren werden vermehrt „moderne didaktisch-curriculare Ansätze“ (Tramm & Goldbach, 2005, S. 204) angewendet, wodurch die zuvor veralteten Schulbücher wieder an Aktualität gewannen. Sie unterstützen sowohl die Schülerinnen und Schüler als auch die Lehrperson und erleichtern die Umsetzung eines lerner:innenzentrierten Unterricht.

Funktionen von Schulbüchern

pädagogisch-didaktische Funktion

Schulbücher erfüllen einerseits pädagogisch-didaktische Funktionen und fungieren als „Arbeitsmittel, Lernhilfe und Gegenstand des schulischen Lernprozesses“ (Wiater, 2003, S. 2). Hierbei werden die Schülerinnen und Schüler als Gesellschaftsmitglieder durch vom Staat ausgewählte Inhalte gebildet. Im Wirtschaftsunterricht steht dabei die Entwicklung des „mündige[n] Wirtschaftsbürger[s]“ (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg, 2016) im Vordergrund (Reflexive Wirtschaftsdidaktik; Kompetenzmodelle). Des Weiteren unterstützt und entlastet das Schulbuch die Lehrperson bei der Vorbereitung des Unterrichts sowie die Lernenden bei der Vor- und Nachbereitung und Wiederholung der behandelten Unterrichtsthemen.

gesellschaftliche Funktion

Andererseits erfüllen Schulbücher gesellschaftliche Funktionen. Sie stellen die im Staat geltende Verfassung dar und spiegeln Normen und Regeln wider. Durch Schulbücher kann die „Sicherung eines lehrplanbezogenen Basiswissens und Basiskönnens im jeweiligen Bundesland“ (Wiater, 2003, S. 2) realisiert werden. Weiterhin ermöglichen sie eine Vereinheitlichung der Lernziele und des Stoffes im jeweiligen Bundesland und tragen so zur Chancengleichheit im Bildungswesen bei (Wiater, 2003).

Einsatz im Unterricht

Die Arbeit mit dem Schulbuch fördert das eigenständige Auseinandersetzen der Schülerinnen und Schüler mit den Inhalten. Dabei werden sie „in die Lage versetzt […], sich selbständig Informationen zu ihren ökonomischen Lebenssituationen zu beschaffen und diese kritisch zu reflektieren“ (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg, 2016). Im Wirtschaftsunterricht kann beispielsweise eine Gruppen- oder Einzelarbeit anhand eines Textes im Wirtschaftsbuch durchgeführt werden. Die Verwendung des Buches vereinfacht die Vorbereitung der Lehrperson deutlich, da dort i.d.R. bereits adäquate Texte ausgewählt wurden, die an den Bildungsplan und die Lernvoraussetzungen der Lernenden angepasst sind (Wiater, 2003). 

Der Einsatz von Schulbüchern im Wirtschaftsunterricht ist jedoch auch kritisch zu betrachten. So kann die ausschließliche Nutzung von Schulbüchern im Unterricht die Freiheit der Lehrkräfte einschränken, da durch den vorgegebenen Umfang der einzelnen Kapitel indirekt vorgegeben ist, welche Schwerpunkte im Unterricht gesetzt werden. Gerade für den Wirtschaftsunterricht wäre dies problematisch, da das Fach von Aktualität und ständiger Veränderung lebt (Tübinger Modell). Um möglichst nahe an der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler zu unterrichten, ist es somit unabdingbar, die Texte und Themen stetig zu aktualisieren und anzupassen. Die Lehrperson sollte diese Freiräume nutzen und gegebenenfalls von der Chronologie des Schulbuches abweichen, um aktuelle ökonomische Ereignisse spontan aufnehmen und erläutern zu können (Spachinger, 2009).

Schulbücher können bei geeignetem Einsatz den Wirtschaftsunterricht ergänzen und zu selbständigem Lernen anregen. Sinnvoll ist der Einsatz von Schulbüchern im Wirtschaftsunterricht insbesondere zur Erarbeitung ökonomischer Grundbegriffe und Modelle sowie für Themen, die sich nicht kontinuierlich ändern (z. B. das ökonomische Prinzip, Preis-Mengen-Diagramm, Bedürfnisse und Bedarf, …) (Schwellenkonzepte). Um einen optimalen Lernerfolg zu erzielen, bietet es sich an, den Einsatz verschiedener Medien zu kombinieren. Zusätzlich zur Verwendung des Schulbuches können beispielsweise authentische Texte und digitale Medien eingesetzt werden (Digitale Medien). So werden neben inhaltlichen und fachbezogenen Kompetenzen auch die Medienkompetenz (Medien im Wirtschaftsunterricht, Digitale Medien) gefördert, sodass die Lernenden „nicht nur mündig mit Informationen umgehen, sondern auch die Einflussmöglichkeiten als kritische[r] Wirtschaftsbürger nutzen … können“ (Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg, 2016).

Derzeitige Schulbücher im Wirtschaftsunterricht (BaWü)

Zugelassene Schulbücher variieren je nach Bundesland. In Baden-Württemberg sind für das Fach WBS an Gymnasien derzeit folgende Schulbücher zugelassen (siehe Webseite des Zentrums für Schulqualität und Lehrerbildung Baden-Württemberg):

  • Burghardt, Y., Hamm-Reinöhl, A., Heuser, J., Podes, S., Riedel, H., & Straub, J. (2018). Schulbuch: Wirtschaft & Co.: Wirtschaft/Berufs- und Studienorientierung (WBS) für das Gymnasium. C.C. Buchner.
  • Podes, S., Arnold, G., Müller, H., Yesilgül, I., Hamm-Reinöhl, A., Heuser, J., Schwertle, A., & Rosenau, N. (2023). Schulbuch: Wirtschaft & Co. 8-10: Wirtschaft/Berufs- und Studienorientierung für das Gymnasium (Baden-Württemberg). CC. Buchner.
  • Biehahn, M., Jüngling, H., Machoczek, M., Michael, P., & Ottmar, C. (2018). Auer Wirtschaft- Berufs- und Studienorientierung. 8-10 (1. Auflage). Ernst Klett.
  • Herzig, K., & Mattes, W. (2018). TEAM - Arbeitsbuch für Wirtschaft/Berufs- und Studienorientierung an Gymnasien in Baden-Württemberg. Westermann.
  • Altmann, G., Boss, G., Göser, U., Maier, G., Thull, B., & Wiedenmann-Petri, F. (2018). Wirtschaft & Du: Wirtschaft/Berufs- und Studienorientierung. Gymnasium SI Baden-Württemberg. Westermann.

Für den vierstündigen Wirtschaftsunterricht in der Jahrgangsstufe finden in Baden-Württemberg hauptsächlich folgende Schulbücher Verwendung:

  • Hamm-Reinöhl, A., Heuser, J., Podes, S., Straub, J., & Riedel, H. (2021). Kolleg Wirtschaft: Wirtschaft für die Sekundarstufe II (1. Auflage). C.C. Buchner.

Das Buchner-Lehrbuch ist zusätzlich zum Land Baden-Württemberg in 13 weiteren Bundesländern zugelassen, das Lehrbuch der Westermann Gruppe ist nach Angaben des Verlags für alle Bundesländer geeignet.

Literatur

Heitzmann, A., & Niggli, A. (2010). Lehrmittel – ihre Bedeutung für Bildungsprozesse und die Lehrerbildung. Beiträge zur Lehrerbildung, 28(1), 6-19.

Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg. (2016). Bildungsplan 2016. Wirtschaft/Berufs- und Studienorientierung (WBS). http://www.bildungsplaene-bw.de/site/bildungsplan/get/documents/lsbw/export-pdf/depot-pdf/ALLG/BP2016BW_ALLG_GYM_WBS.pdf

Spachinger, O. (2009). Das Schulbuch der Zukunft oder Die Zukunft des Schulbuchs? In D. Bosse, & P. Posch (Hrsg.), Schule 2020 aus Expertensicht: Zur Zukunft von Schule, Unterricht und Lehrerbildung (1. Aufl., S. 243-249). VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-91647-7_38

Tramm, T., & Goldbach, A. (2005). Gestaltungsprinzipien und theoretische Grundlagen innovativer Schulbücher zur ökonomischen Berufsbildung – am Beispiel der „Prozessorientierten Wirtschaftslehre“. Wirtschaft und Erziehung, 57(6/7), 203-213.

Wiater, W. (2003). Das Schulbuch als Gegenstand pädagogischer Forschung. https://opus.bibliothek.uni-augsburg.de/opus4/frontdoor/deliver/index/docId/5/file/Wiater_Schulbuch.pdf 

zuletzt aktualisiert: 01.11.2024

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Zitationshinweis

Die Inhalte dieser Homepage sind CC-BY lizenziert (https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/). Bei Verwendung der Inhalte empfehlen wir folgende Zitation:

Brahm, T. (2024). Schulbücher. In T. Brahm, M. Ring, & K. Schild (Hrsg.), Wirtschaft unterrichten. Offenes Lehrbuch für Wirtschaftsdidaktik. Online verfügbar unter: https://wirtschaft-unterrichten.de/mikrodidaktik/methodische-umsetzung/schulbuecher (zuletzt abgerufen am [Datum]).