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Aufgaben im Wirtschaftsunterricht

Vera Kirchner und Celine Maerz

Aufgaben können als Dreh- und Angelpunkt der didaktischen Planung und Inszenierung von Unterricht begriffen werden. Gute Aufgaben haben dabei das Potential, Schüler:innen zu motivieren und zu aktivieren, den Lehr-Lern-Prozess zu strukturieren und orientieren sich an der Entwicklung von Kompetenzen. Sie können damit Lernmöglichkeiten in schulischen Fächern eröffnen, gleichermaßen aber auch begrenzen (Maier et al., 2013, S. 9). Da die Formulierung einer Aufgabe für den Lernprozess höchst relevant ist, ist es für Lehrpersonen (Lehrperson) wesentlich, kritisch zu überprüfen, ob die jeweilige Aufgabe funktional konstruiert und an das jeweilige Lehr-Lern-Ziel (Formulierung von Lernzielen) angepasst ist.

Dabei gibt es keine einheitliche Definition davon, was „gute Aufgaben“ in der Ökonomischen Bildung ausmachen (Weyland & Stommel, 2016, S. 94). Um Aufgaben auf ihre Qualität hin einzuschätzen, existieren allgemeine und fachspezifische Kriterien. Blömeke et al. (2006) formulieren in diesem Zusammenhang allgemeine didaktische Kriterien, die auch zur Konstruktion und Beurteilung von Aufgaben in der Ökonomischen Bildung genutzt werden können:

Didaktische Kriterien zur Beurteilung von Aufgabenqualität nach Blömeke et al. (2006)
Exemplarische Erschließung eines gesellschaftlich relevanten Bildungsbereichs
Ansprache eines Bedürfnisses der Schülerinnen und Schüler
Förderung genereller intellektueller Fähigkeiten 
Neuigkeitswert in Bezug auf den bereichsspezifischen Wissens- und Erfahrungsstand
Chance auf Bewältigung
Potenzial zur inneren Differenzierung
Repräsentation einer authentischen Situation
Förderung von Problemlösefähigkeit
Erfordernis sozialer Interaktion

Abb. 1: Übersicht über didaktische Kriterien zur Beurteilung von Aufgabenqualität (Blömeke et al., 2016)

Ergänzend zu den allgemein-didaktischen Kriterien beschreiben Weyland und Stommel (2016) für die Ökonomische Bildung relevante Aufgabenmerkmale wie Kognitive Aktivierung (Kognitive Aktivierung), Erfolgserwartungen, Domänenspezifizität, Authentizität, Offenheit und Umsetzbarkeit, die es dann fachdidaktisch zu konkretisieren gilt.

Für den Wirtschaftsunterricht eignen sich demnach insbesondere Aufgaben, die domänenspezifisch gestaltet sind und fachspezifische Denkprozesse initiieren können. Hierzu lassen sich beispielsweise für die Ökonomische Bildung typische Methoden wie Experimente oder Planspiele (Sammlung Spiele und Experimente) nutzen, die eine fachliche Denkweise inhärent transportieren können. Charakteristisch für die Ökonomische Bildung ist dabei, dass Aufgaben die Problemlöse- (Problemorientierung), Handlungs- (Handlungsorientierung) und Urteilsfähigkeit (Moralische Urteilsbildung) der Schüler:innen fördern. Gute Aufgaben orientierten sich zudem an authentischen und lebensweltnahen ökonomischen Problemen und können unter Anwendung fachspezifischer Denkweisen gelöst werden. Sie fördern die Vernetzung von bereits Bekanntem mit neu Gelerntem, indem sie an Vorwissen anknüpfen, Begriffe stärker explorieren und/oder fächerübergreifende Verknüpfungen anregen (Kleß, 2014, S. 94-95.).

Für Lehrende stellt sich die Frage, wie es gelingt, „gute“ Aufgaben zu konstruieren. Ausgangspunkt solcher Überlegungen sollte zunächst die Frage nach ihrer grundlegenden Funktion im Lehr-Lern-Prozess sein. Unterschieden werden kann hier zwischen Leistungs- und Lernaufgaben. Während Leistungsaufgaben der Überprüfung von Kompetenzen dienen, werden Lernaufgaben genutzt, um Kompetenzen auszubilden/zu entwickeln (Luthiger, 2012, S. 4). Beide Aufgabentypen erheben grundsätzlich unterschiedliche Ansprüche an Schüler:innen: Während es bei Leistungsaufgaben darum geht, die Aufgabe möglichst auf Anhieb richtig zu lösen, sind Fehler im Rahmen der Lernaufgabe erlaubt und können genutzt werden, um weitere Lernprozesse zu initiieren.

Ein weiteres Kriterium für gute Aufgabenqualität ist der Lebensweltbezug (Prinzipien zur Inhaltswahl). Hier erscheint es wichtig, die verschiedenen Lebenswelten der Schüler:innen zu berücksichtigen. Lehrkräfte sind dazu aufgefordert, mithilfe geeigneter Unterrichtskonzepte und -materialien diversitätssensibel und differenziert zu unterrichten (Möhlen et al., 2023). Im Sinne einer inklusiven Ökonomischen Bildung für alle sollten Aufgaben diskriminierungsfrei gestaltet und die Reproduktion stereotypischer Darstellungen vermieden werden. Ebenfalls zu berücksichtigen sind die unterschiedlichen sprachlichen Fähigkeiten der Lernenden. Es ist für alle Schüler:innen hilfreich, wenn Aufgaben sprachlich klar und präzise formuliert sind und verschachtelte Sätze möglichst vermieden werden. Im Rahmen des Wirtschaftsunterrichts werden viele fachsprachliche, aus den Wirtschaftswissenschaften entlehnte, Terminologien benötigt, um abstrakte und komplexe Inhalte zu beschreiben und darüber zu kommunizieren (Betker et al., 2014, S. 223). Sind diese den Schüler:innen nicht bekannt, beeinflusst dies nicht nur den fachsprachlichen Erwerb, sondern auch das fachliche Lernen bzw. die erfolgreiche Bewältigung von Aufgaben.

Des Weiteren können Operatoren (Lernziele formulieren), die i.d.R. in den jeweiligen fachspezifischen Lehrplänen der Bundesländer zu finden sind, sprachlich unterstützend und strukturierend fungieren. Damit sie wirksam werden können, sollten sie früh eingeführt und gezielt eingesetzt werden. Scaffolding-Elemente, wie beispielsweise Operatoren-Übersichten mit den dazugehörigen Anforderungen können Schüler:innen sowohl im Unterricht als auch in Prüfungssituationen als Unterstützung dienen. Lehrende können wiederum bei der Bewertung von Leistungsaufgaben von Operatoren profitieren, da sich diese an unterschiedlichen Anforderungsbereichen orientieren (Kühberger, 2011, S. 14). Da jeder Operator eine verbindliche, spezifische Anforderung an die Lernenden stellt, empfiehlt es sich, pro Aufgabe jeweils einen Operator zu nutzen, um sprachliche Präzision und Eindeutigkeit zu gewährleisten. Durch die Kombination mehrerer Aufgaben können dann verschiedene Anforderungsbereiche abgedeckt werden, um entweder einen sukzessiven Kompetenzaufbau zu ermöglichen (Lernaufgaben) oder verschiedene Niveaustufen abzuprüfen (Leistungsaufgaben).

Abschließend muss festgehalten werden, dass Aufgaben immer situativ zu betrachten sind (Gross & Weyland, 2021, S. 58). Für Lehrkräfte bedeutet dies konkret, dass sie Lern- und Leistungsaufgaben mit Blick auf die Fähigkeiten und Bedürfnisse ihrer Lerngruppe gestalten, anpassen und ausdifferenzieren müssen (Lernvoraussetzungen bestimmen). Eine Möglichkeit besteht darin, den Grad der Offenheit der Aufgabe anzupassen, z. B. indem neue Arbeitstechniken (nicht) eingeführt werden oder die Aufgaben ein- bzw. mehrschrittig gestaltet werden (Kress, 2014, S. 25-26). Ob offene oder geschlossene Aufgabenformate mit divergenten bzw. eindeutigen Lösungen als schwierig oder leicht empfunden werden, kann von Lernenden mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten unterschiedlich eingeschätzt werden und lässt sich nicht pauschal bestimmen (Kruse, 2024, S.63). Generell sollten die Aufgaben so gestaltet sein, dass sie die Schüler:innen herausfordern, jedoch nicht überfordern. Zur weiteren Differenzierung eignen sich Unterstützungsstrukturen in Form von z. B. Hilfekarten, modifiziertem Material etc. oder Aufgabenreserven für Schüler:innen, die die Aufgabe überdurchschnittlich schnell bearbeiten.

Literatur

Betker, K., Friebel-Piechotta, S. & Müller, A.-L. (2024). Sprachsensibler Fachunterricht am Beispiel der finanziellen Allgemeinbildung – theoretisch-konzeptionelle Überlegungen und unterrichtspraktische Umsetzung. In M. Binder, M. Friese & I. Penning (Hrsg.), Teilhabe an gesellschaftlicher Transformation stärken. Der Beitrag der Arbeitsbezogenen und der Technischen Bildung (S. 221-238). UTB.

Blömeke, S., Risse, J., Müller, C., Eichler, D. & Schulz, W. (2006). Analyse der Qualität von Aufgaben aus didaktischer und fachlicher Sicht. Ein allgemeines Modell und seine exemplarische Umsetzung im Unterrichtsfach Mathematik. Unterrichtswissenschaft, 34(4), 330-357.

Gross, A. & Weyland, M. (2021). Aufgaben in der ökonomischen Bildung–ein systematischer Literaturüberblick. Zeitschrift für ökonomische Bildung, 42-77.

Kleß, E. (2014). Die Bedeutung und Einbettung von Aufgaben in der Allgemeinen Didaktik. Lernaufgaben-Didaktische Forschungsperspektiven, 91-103.

Kress, K. (2014). Binnendifferenzierung in der Sekundarstufe – Das praxisbuch. Profi-Tipps und Materialien auf der Lehrerfortbildung. Auer.

Kruse, E. (2024). Lernaufgaben und kognitive Aktivierung in der ökonomischen Bildung. Eine qualitative Exploration von Denkprozessen bei Lernenden im Wirtschaftsunterricht. Universität Oldenburg.

Kühberger, C. (2011). Operatoren als strukturierende Elemente von Aufgabenstellungen für Geschichte und Sozialkunde, Politische Bildung. Geschichte und Sozialkunde, Politische Bildung, 15, 14-18.

Leisen, J. (2015). Fachlernen und Sprachlernen. MNU 68 (3), 132-137.

Luthiger, H. (2012). Lern- und Leistungsaufgaben in einem kompetenzorientierten Unterricht. HiBiFo–Haushalt in Bildung und Forschung, 1(3), 5-6.

Maier, U., Bohl, T., Kleinknecht, M. & Metz, K. (2013). Allgemeindidaktische Kategorien für die Analyse von Aufgaben. In U. Maier, T. Bohl, M. Kleinknecht & K. Metz (Hrsg.), Lern- und Leistungsaufgaben im Unterricht (S. 9-44). Klinkhardt.

Möhlen, L. K., Dapper-Saalfels, T. V. & Bätge, C. (2023). Multiprofessionelle Kompetenzen für eine inklusionsorientierte Professionalisierung im Studium des allgemeinen Lehramts-Perspektiven aus Niedersachsen. QfI-Qualifizierung für Inklusion, 5(3).

Weyland, M. & Stommel, P. (2016). Kompetenzorientierung 2.0–Domänenspezifische Lernaufgaben für die ökonomische Bildung. Zeitschrift für ökonomische Bildung, 5, 94-118.

zuletzt aktualisiert: 03.11.2025

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