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Pod- und Educast(ing) als Medium und Methode im Wirtschaftsunterricht

Vera Kirchner und Jessica Rehse

Podcasts erfreuen sich zunehmender Beliebtheit unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Nach Angaben der aktuellen JIM-Studie geben rund 70 % der Zwölf- bis Neunzehnjährigen an, regelmäßig Podcasts zu hören (MPFS, 2024).

Bei Podcasts handelt es sich um audiobasierte, serielle und nichtlineare Medienformate, die über Streaming- oder Download-Plattformen rezipiert werden können (Katzenberger et al., 2023). Sie lassen sich leicht in Alltagssituationen integrieren und werden vielfach als sogenannte Sekundärmedien neben anderen Tätigkeiten genutzt. Sie ermöglichen eine hohe zeitliche und räumliche Flexibilität, wobei sie trotzdem eine vertiefte Auseinandersetzung mit komplexen Themen erlauben (Katzenberger et al., 2023). Podcasts zeichnen sich außerdem durch spezifische stilistische Merkmale aus: Dazu zählen der gezielte Einsatz von Storytelling, Sprecher:innenwechsel, Originalzitate, akustische Gliederungssignale sowie eine dramaturgische Struktur, die zumeist ein zentrales Thema in den Mittelpunkt stellt (Hochmuth & Kirchner, 2023; Planer & Godulla, 2023). Werden Podcasts gezielt in Bildungskontexten eingesetzt, sind mit Lernzielen verknüpft und sollen die Kompetenzentwicklung unterstützen, können sie auch als Educast bezeichnet werden (Schulze et al., 2007; Raunig et al., 2008; Hochmuth & Kirchner, 2023).

Für die Ökonomische Bildung ergeben sich durch Educasts Möglichkeiten eines innovativen Zugangs zur Förderung fachlicher, überfachlicher und digitaler Kompetenzen. Sie können dabei sowohl als Unterrichtsmedium zur Wissensvermittlung als auch als Methode zur aktiven Wissenskonstruktion sowie zur Reflexion individueller Lernprozesse eingesetzt werden.

Wissensvermittlung: Mit bestehenden Podcasts arbeiten

In der inhaltlich-rezeptiven Nutzung als Unterrichtsmedium ermöglichen Podcasts eine alltagsnahe und differenzierte Auseinandersetzung mit ökonomischen Fragestellungen. Hierbei können bestehende Formate wie „Crashkurs – Wirtschaft trifft Geschichte“ (Deutschlandfunk, o. J.) oder „Lohnt sich das?“ (Bayrischer Rundfunk, o. J.) gezielt in den Unterricht integriert werden, um wirtschaftliche Zusammenhänge schüler:innenorientiert   (Lernendenorientierung) und multiperspektivisch (Tübinger Modell) darzustellen. Besonders im Sinne einer differenzierten Lernkultur eignen sich Podcasts als Ergänzung zu textbasierten Materialien. Lernende erhalten Gelegenheit, Inhalte individuell zu erschließen und ihr Lerntempo selbst zu bestimmen. Podcasts fördern das genaue Zuhören, die Analyse von Argumentationsstrukturen und die Fähigkeit, ökonomische Inhalte kritisch zu reflektieren. Die Auswahl geeigneter Podcasts kann auf Basis von fachlicher Qualität, Altersangemessenheit, Verständlichkeit, Seriosität der Quelle und der Möglichkeit zur Verknüpfung mit ergänzenden Materialien erfolgen (Fletemeyer et al., 2024).1

1 An der Universität Potsdam wurden fünf Unterrichtsmodule inklusive didaktischer Begleitmaterialien zum Einsatz von Pod- und Educast(ing) als Medium und Methode im Unterricht zur Beruflichen Orientierung konzipiert und als Open Educational Resources veröffentlicht. Die Materialien können unter folgendem Link kostenfrei heruntergeladen werden: https://publishup.uni-potsdam.de/solrsearch/index/search/searchtype/collection/id/17993/start/0/rows/10 (letzter Zugriff: 22.07.2025).

Wissenskonstruktion: Podcasts mit Schülerinnen und Schülern erstellen

Weiteres fachdidaktisches Potenzial entfaltet sich beim konzipierend-produktiven Einsatz von Podcasts, indem Schüler:innen eigene Podcasts zu wirtschaftlichen Themenstellungen planen und gestalten. Dies fördert nicht nur die vertiefte Auseinandersetzung mit fachlichen Inhalten, sondern verlangt auch planerische Kompetenz, Kommunikations- und Moderationsfähigkeit sowie einen reflektierten Umgang mit technischen Werkzeugen, wodurch Prozesse der kreativen Gestaltung, des kollaborativen Arbeitens und der digitalen Medienkompetenz angeregt werden können (Hochmuth & Kirchner, 2023). Dabei sind zahlreiche Teilkompetenzen des digitalen Kompetenzrahmen für Bürger:innen (Vuorikari et al., 2022) adressierbar – etwa in den Bereichen Informations- und Datenkompetenz, der Erstellung digitaler Inhalte, Kommunikation und Zusammenarbeit sowie Problemlösung (Digitale Medien). Gleichzeitig stellt die Podcast-Produktion Anforderungen an medienethische Fragen, etwa beim Umgang mit Quellen, Zitaten oder urheberrechtlich geschützten Inhalten. Die Lernenden übernehmen somit Verantwortung für den gesamten Produktionsprozess – von der Themenrecherche über die Skripterstellung bis hin zur inhaltlichen sowie technischen Umsetzung. Aufgrund der stärkeren Subjektorientierung kann dieses Vorgehen im Rahmen projektorientierter Unterrichtskonzepte implementiert werden – etwa im Kontext der Beruflichen Orientierung (Berufliche Orientierung), bei der Analyse betriebswirtschaftlicher Entscheidungen oder zur Reflexion wirtschaftsethischer Fragestellungen (Moralische Urteilsbildung). Die Veröffentlichung der Podcasts auf schulinternen Plattformen oder in geschützten digitalen Räumen kann zudem zu einer dialogischen Lernkultur und einer nachhaltigen Nutzung von Lernprodukten beitragen.

Die Podcast-Produktion im Unterricht birgt jedoch auch einige Herausforderungen: Lehrkräfte und Schüler:innen müssen bspw. klären, ob frei gesprochen oder ein wörtliches Skript genutzt wird. Insbesondere bei ersten Podcast-Projekten empfiehlt es sich mit Skripten zu arbeiten, diese aber stichwortartig zu gestalten, um reines Ablesen des Textes zu vermeiden. Auch der zeitliche Umfang sollte realistisch bemessen sein. In formalen Bildungskontexten empfiehlt es sich, die Dauer von Podcasts auf ca. fünf Minuten pro Folge zu begrenzen. Bei von Lernenden zu erstellenden Podcasts empfiehlt sich weiterhin mit klaren Aufgabenstellungen sowie eindeutigen inhaltlichen und formellen Vorgaben zu arbeiten. Rückmeldung kann zum Beispiel auf Grundlage von Kriterienrastern erfolgen, die sowohl fachliche als auch mediale Qualität berücksichtigen. Insgesamt sollte die Lehrperson dabei eine begleitende Rolle einnehmen und Struktur geben, ohne den kreativen Prozess zu dominieren.

Literatur

Bayrischer Rundfunk (o. J.). Lohnt sich das?. https://www.ardmediathek.de/sendung/lohnt-sich-das/Y3JpZDovL2JyLmRlL2Jyb2FkY2FzdFNlcmllcy9mYzkyMWQxMC1iY2VjLTQxZmYtOWY3ZC05ODI0YzM0ZDY1MmY(letzter Zugriff: 19.07.2025).

Deutschlandfunk (o. J.). Crashkurs – Wirtschaft trifft Geschichte. https://www.deutschlandfunk.de/crashkurs-100.html (letzter Zugriff: 21.07.2025). 

Fletemeyer, T., Hochmuth, J., Kirchner, V., & Rehse, J. (2024). Potentiale von Pod- bzw. Educasts als digitale Medien und Methode in der Lehrkräftebildung und Beruflichen Orientierung. bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik online, 24(22), 1–18. https://www.bwpat.de/ausgabe/spezial22 (letzter Zugriff: 07.07.2025). 

Hochmuth, J., & Kirchner, V. (2023). Hört ihr noch – oder produziert ihr schon? Pod-/Educasts und ihr Potenzial für den Wirtschafts- und Politikunterricht. Unterricht Wirtschaft + Politik, 13(1), 49–53. https://elibrary.utb.de/doi/abs/10.5555/uwp-1-2023_08.

Katzenberger, V., Keil, J. & Wild, M. (2023). Mehr als die Summe seiner Teile: Entwicklung, Forschungsstand und Definition von Podcasts. In V. Katzenberger, J. Keil & M. Wild (Hrsg.), Podcasts. Perspektiven und Potenziale eines digitalen Mediums (S. 1-19). Springer VS. https://doi.org/10.1007/978-3-658-38712-9

Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (MPFS) (2024). JIM-Studie 2024 – Jugend, Information, Medien. Basisuntersuchung zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger. https://mpfs.de/studie/jim-studie-2024/ (letzter Zugriff: 19.07.2025). 

Planer, R. & Godulla, A. (2023). Storytelling in Podcasts deutscher Medienhäuser: Echte Interaktion, geplante Spontanität. In V. Katzenberger, J. Keil & M. Wild (Hrsg.), Podcasts. Perspektiven und Potenziale eines digitalen Mediums (S. 101-118). Springer VS. https://doi.org/10.1007/978-3-658-38712-9_5

Raunig, M., Ebner, M., Thallinger, S., & Ritsch, W. (2008). Lifetime Podcasting – Proceedings der ersten österreichischen Fachtagungen für Podcast. Technische Universität Graz. 

Schulze, L., Ketterl, M., Gruber, C., & Hamborg, K.-C. (2007). Gibt es mobiles Lernen mit Podcasts? – Wie Vorlesungsaufzeichnungen genutzt werden. In C. Eibl, J. Magenheim, S. Schuber & M. Wessner (Hrsg.), DeLFI 2007: 5. e-Learning Fachtagung Informatik (S. 233–244). Gesellschaft für Informatik. https://dl.gi.de/items/35e6a626-c7ae-46a0-a8fc-f0f372b57d8a (letzter Zugriff: 07.07.2025). 

Vuorikari, R., Kluzer, S., & Punie, Y. (2022). DigComp 2.2: The Digital Competence Framework for Citizens: With new examples of knowledge, skills and attitudes. Publications Office of the European Union. https://dx.doi.org/10.2760/115376.

zuletzt aktualisiert: 24.09.2025

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